Gezeitenwechsel von Sarah Moss

Eine Geschichte mit ganz viel Tiefgang bietet der neue Roman aus dem Mare Verlag und zwar Gezeitenwechsel von Sarah Moss. In Gezeitenwechsel geht es um das Schicksal einer Familie aber auch um das Rollenbild des Vaters, der sich als heutzutage noch eine Ausnahme, für das Hausmann Sein entschieden hat. Aus der Sicht von Adam, dem liebenden Vater wird diese rührende Story erzählt. Alles begann mit einem Anruf aus der Schule seiner Töchter: Es ist etwas passiert.

“Es gibt keine Vorwarnungen. Die Tatsache, dass man gerade ein eigentlich inakzeptables Sandwich isst oder unverantwortlich viel intellektuelle Energie auf seinen neusten Beitrag in einem sozialen Netzwerk verwendet, bedeutet nicht, dass man sich nicht zugleich in dem Intervall zwischen dem Moment befinden kann, in dem man alles verliert, was man für selbstverständlich gehalten hat, un dem Moment, in dem man davon erfährt.”

Adam

Adam ist der absolute Vorzeigepapa! Ich bin nach diesem Buch tatsächlich hin und weg von so einem großartigen Vater. Er steht seinen Mann im alten Rollenbild einer Frau und schafft so einen Einstieg in eine neue Gesellschaft. Gerade weil ich mich selbst gerne mit den alten und neuen Rollenbildern beschäftige, finde ich diese Sichtweise in diesem Buch so sehr gelungen. Adam erzählt uns ganz oft in Gezeitenwechsel, mit welchen Vorurteilen er in seinem Alltag als Vollzeitdaddy klar kommen muss. Gerade in England ist die neue revolutionäre Gesellschaft nicht ganz angekommen. Adam allerdings ist das beste Beispiel für diese neuen Modelle. Er ist in der Lage einen Haushalt zu schmeißen, den Kindern eine gesunde Ernährung zu bieten und nebenbei noch eine umfangreiche intelligente Betreuung zu sein. Und bei all diesen wunderbaren Attributen, ist Adam auch noch so unglaublich liebevoll zu seinen beiden Töchtern und seiner Frau.

Das Familienbild

Emma ist eine überarbeitete Ärztin, die das Hausfrauchen an ihren Mann Adam gerne abgegeben hat und doch merkt sie im Laufe der Geschichte, dass ihr ein Teil im Leben fehlt und das sie weniger arbeiten sollte, um weniger zu verpassen. Rose das jüngste Mädchen ist eine klassische kleine Schwester, aufgeweckt und zuckersüß beschrieben. Miriam ist die älteste Tochter, sie ist Feministin und Naturkämpferin und möchte von dem heutigen Konsumwahnsinn nichts wissen – ein echt cooler Charakter in diesem Buch. Leider trifft es Miriam in diesem Buch, dass sie durch eine allergische Reaktion oder auch Vererbung krank wird und das sich dadurch das ganze Familienleben ändert. Adam’s Familie entstammt dem Judentum und dieses wird auch an der ein oder anderen Stelle im Buch durchleuchtet. Adam’s Vater spielt auch eine wichtige Schlüsselfigur in diesem Buch, die Verbindung von der alten jüdischen Tradition und dem neuen Leben seines Sohnes. Auch finden wir in diesem Buch die Kritik an dem englischen Gesundheitssystem wieder. Mir war vorher nicht bewusst, dass das eines der großen Themen in England darstellt und fand daher die Sichtweisen sehr interessant.

Zum Inhalt

Wenn man den Klappentext von Gezeitenwechsel liest, denkt man es geht in dem ganzen Buch “lediglich” um die Sorge der Eltern, wenn das eigene Kind krank wird. Aber dieses Buch vereint so viele wichtige und auch aktuelle Themen miteinander, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll zu loben. Literarisch ein Meisterwerk wie ich finde und unglaublich gut bearbeitete Protagonisten. Eine Familie die auf die Probe gestellt wird, eine Familie die lernen muss neu zusammen zu wachsen und die auch lernen muss als jeder Einzelne von ihnen wertvoll zu sein. Sie lernen, dass das Leben wertvoll ist und das Zeit manchmal auch verschwendet werden kann. Gerade in den Momenten der großen Sorge, erkennt man, was wirklich wichtig ist und wo man herkommt – so auch die Verbindung von Adam zum Judentum.

Meine Lieblingsstelle im Buch

“Mögen wir es vergessen. Zu schade, dass die Dinge, die wir in Krisen lernen, alle schon auf Kühlschrankmagneten und Postkarten stehen: Nutze den Tag, Genieß den Moment, Sag deinem Schatz, dass du ihn liebst. – Mögen wir lange genug leben, um die Klischees wieder zu verachten, mögen wir so weit heilen, dass wir Himmel und Wasser und Licht für selbstverständlich halten, denn der Zustand blinder Dankbarkeit für jeden Atemzug ist keine intelligente Haltung.”

Mein Fazit

Ich liebe dieses Buch! Man fängt selbst an zu denken und überlegt, was im Leben wirklich zählt. Man versucht zu verstehen, was einem dieses Buch mit auf den Weg geben mag. Besonders fasziniert bin ich immer noch von Adam, denn gerade seine Geschichte hat mich tief beeindruckt. Danke an den Mare Verlag, dass ich dieses Buch lesen durfte, es war mir ein Vergnügen und ich kann es jedem nur ans Herz legen. Ein großartiges literarisches Werk. Gezeitenwechsel ist übrigens der perfekte Name für dieses Buch – wenn sich Gezeiten verändern und wenn neue und alte Werte deinen neuen Weg beschreiben. Und aber auch der Wechsel der Zeit, dass unsere Gesellschaft sich verändert. Toller Titel.

Rezensionsexemplar/ Mare Verlag/ Frühjahr 2019/ 366 Seiten/ 24,00 €

4 Kommentare zu „Gezeitenwechsel von Sarah Moss

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