So ein emotionales Buch, habe ich schon lange nicht mehr gelesen und dann auch noch Eines, was so gut in die heutige Zeit passt. Kaveh Ahangar beschreibt seine Reise raus aus dem Iran und rein nach Deutschland. Er beschreibt den Machtwechsel im Iran und den Krieg im Jahr 1979 als die Regierung gestürzt wurde. Neben den Ereignissen in Land beschreibt er aber auch, wie man sich als Flüchtling in einem neuen Land fühlt und wie sich das Leben im eigenen Land und innerhalb der Familie verändern kann.

Eine Reise zwischen zwei Kulturen
Das Buch wird in der Ich Perspektive erzählt, was mich davon ausgehen lässt, dass es eigene Erfahrungen sind. Oder zumindest ein paar eigene Einflüsse mit drin sind. In Summe sind es aber wohl gesammelte tagebuchähnliche Beiträge, erzählt von Emigranten. Unser Protagonist wächst im Südwesten des Iran’s auf und ist ein kleiner Junge in einer kleinen Familie. Die Mutter umsorgt sie und der Vater geht arbeiten und ist meistens nicht so gut gelaunt. Der Junge hat Angst vor seinem Vater, was der erste Schlüsselpunkt in diesem Buch ist. Die Familie lebt zwar traditionell, aber nicht streng religiös. Die Mutter trägt zum Beispiel auch kein Kopftuch, zumindest nicht vor der Revolution 1979.
Der Junge geht zur Schule und hat auch dort durchaus seine Probleme mit den Lehrern, doch dort lernt er seinen besten Freund Kurosh kennen. Die beiden werden ein Herz und eine Seele. Nichts kann sie trennen, so denkt man, doch dann kam der Krieg. Nicht nur, dass Kurosh im Krieg seinen Bruder verliert, sondern er selbst wird zum Extremisten. Zum Glück nicht für immer, wenn er Erwachsen ist, hat er eine Familie und lebt in Österreich. Unser Protagonist versteht die Welt nicht mehr und trauert dieser Zeit bitter nach. Sein anderer Ankerpunkt ist sein Onkel. Ihn mag er auch lieber als den eigenen Vater, weil der Onkel ihn nicht schlägt, sondern ihn mag. Der Onkel ist es auch, der dem Jungen hilft aus dem Iran heraus zu kommen. Gemeinsam mit seinem Vater soll er in einer Flüchtlingsunterkunft in Deutschland unterkommen.
Als der Vater ihn verlässt, muss er in eine Pflegefamilie untergebracht werden. Familie Kramer ist tatsächlich sehr nett und nimmt ihn auf und nun muss der Junge die Kultur kennen lernen. In der Familie stößt er natürlich auf Rituale, welche er so noch nicht kennt. Auch die Sprache ist für ihn nicht so einfach und ihm passieren einige witzige Fehler. Zumindest aus unserer Sicht witzig, aus seiner Perspektive war es ein grauenhafter Start. Man klar heraus lesen, dass es sich noch sehr lange unwohl fühlt in dem neuen Land. Mehrere Schicksalsschläge auch in der Familie begleiten das Ganze, sodass er seinen eigenen Weg erst so richtig finden muss.

Meine eigene Meinung
Ich habe dieses Buch bekommen und wusste vorher nicht, worauf ich mich einlassen werde. Nun merke ich, dass wir in Deutschland zwar schon viel für Integration tun, wir aber nicht verstehen, was die Emigranten denken oder wie Menschen sich in diesem Land fühlen. Es ist mit Sicherheit super schwer sein eigenes Land unter solchen Bedingungen zu verlassen und dann auch noch seine ganze Familie zurück zu lassen. Dieses Buch öffnet einem noch einmal die Augen und schärft den Blick, wie gut wir es doch in unserem Land aktuell haben. Außerdem zeigt es einem, wie man Menschen begegnen sollte, die solche Erlebnisse im Inneren tragen. Die Gefühle von Menschen verstehen muss man erst lernen und so ein Buch kann helfen. Ich bin froh, dass ich dieses Buch gelesen habe, obwohl ich weder von Autor noch vom Verlag vorher etwas wusste. Ich liebe solche Neuentdeckungen und ich liebe emotionale Bücher, wie dieses hier. Muss man mal rein lesen 😉
Rezensionsexemplar/ Kampenwand Verlag/ Gebundene Ausgabe/ Auflage 2022/ 170 Seiten/ 12,99€
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