Menschen im Hotel von Vicki Baum

In unserer Buddyread Gruppe lesen wir momentan überwiegend klassische Literatur und da der Kiwi Verlag die Bücher von Vicki Baum in einer tollen Taschenbuch Ausgabe neu aufgelegt hatte, konnten wir nicht umhin, dieses Buch zu lesen. Menschen im Hotel haben wir alle drei zum ersten Mal gelesen und ich für meinen Teil hatte auch noch nie etwas von Vicki Baum gelesen. Dementsprechend hatten wir eine ganz große Erwartungshaltung an dieses Buch.

Menschen im Hotel

Im Grand Hotel in Berlin in den zwanziger Jahren treffen eine Handvoll Menschen aufeinander und keiner verlässt das Hotel am Ende so, wie er es betreten hatte. Vicki Baum beschreibt den Aufenthalt von fünf verschiedenen Hauptpersonen und wie sie im Hotel aufeinandertreffen und sich ihre Geschichten verstricken. Bis auf zwei Personen kannten sich die Gäste des Hotels vorher nicht und auch diese zwei Personen hatten sich vorher noch nie gesehen. Umso witziger ist die Tatsache, dass alle Geschichten sich irgendwie verstricken werden. Sie alle reisen allein, aus unterschiedlichen Gründen und ich würde behaupten, dass auch alle fünf in irgendeiner Form einsam sind und eine Gesellschaft dringend benötigen.

Eine der Personen ist die alternde Ballerina Grusinskaja. Sie hatte ihre Bühnen Erfolge und ist auch stadtbekannt, aber so langsam kommt sie in die Jahre. Aus Frust und aus Furcht vor Niederlagen kontrolliert sie ihr ganzes Ensemble und treibt alle um sie herum in den Wahnsinn. Ihre Vertrauten glauben weiterhin an ihren späten Erfolg und stehen ihr bei, dennoch ist sie ziemlich allein. Eines Nachts wird bei ihr im Hotelzimmer versucht einzubrechen. Baron Gaigern, ein anderer Hotelgast braucht dringend Geld und versucht ihre Perlen zu stehlen. Doch bei dem Versuch über die Balkone zu klettern kann er nicht rechtzeitig flüchten und wird von der Grusinskaja auf frischer Tat ertappt. Natürlich kann sich der feine Baron herausreden und eine wilde Nacht beginnt. Als er merkt, wie fertig mit den Nerven die Tänzerin ist, nimmt er sich ihrer an und umsorgt sie die ganze Nacht. Die Perlen vergisst er darüber hinaus völlig und eine kleine Liebesgeschichte beginnt. Diesen Teil des Buches mochte ich wirklich sehr, denn beide Charaktere waren wunderbar gezeichnet und die Story war witzig und unterhaltsam.

Auch interessant fand ich den Protagonisten Dr. Otternschlag. Er war ein einsamer Mann, der ganz allein reiste und auch offensichtlich keine Freunde hatte. Er fragte jeden Tag den Portier, ob den Post oder ein Anruf für ihn gekommen sei. Leider war dieses nie der Fall. Im Laufe der Tage im Grand Hotel begegnete er dem Herrn Kringelein, ein Mann, dem der Tod vorausgesagt wurde. Sie freundeten sich an und wollten sich zusammentreffen, doch leider kam auch hier Baron Gaigern dem Dr. Otternschlag zuvor und so verlor er auch diesen Freund. Dr. Otternschlaf hatte die These aufgestellt, dass kein Gast das Hotel durch die Drehtüre verlässt, wie er hineingekommen ist. So als ob diese Drehtür jedes Leben verändern würde. Diese Metapher fand ich großartig, denn im Prinzip ist jedes Leben wie diese Drehtür, denn es gibt keinen Stillstand, es verändert sich immer etwas.

Meine eigene Meinung

Natürlich könnte ich Euch noch mehr von den einzelnen Protagonisten erzählen, aber dann müsstet ihr dieses Buch nicht mehr lesen und das wäre wohl auch schade. Tatsächlich tat ich mich sehr schwer mit diesem Roman. Er hatte gute Szenen, aber auch lange Strecken. Zumindest ist das meine Meinung und im Buddyread kam diese Meinung auch ein wenig raus. Was ich allerdings sehr mochte, waren die Beschreibungen der Charaktere. Jeder von Ihnen war irgendwie spannend. Der eine sympathischer als der andere, aber alle spannend. Vicki Baum konnte also richtig gut Personen zeichnen und diese miteinander verbinden. Die Geschichte des Hotels an sich fand ich auch gut gewählt und auch die Botschaft dahinter hat überzeugt. Kein einfaches Buch für mich, aber dennoch mochte ich es irgendwie. Ich würde vielleicht keine fünf Sterne vergeben, weil es mich nicht komplett umgehauen hat, aber zumindest eine gute drei bis vier Sterne Bewertung hätte es schon verdient.

Hier ein Auszug aus dem Buch, welchen ich sehr nett fand:

Es ist eine dumme Fabel, dass Hotelstubenmädchen durch die Schlüssellöcher schauen. Hotelstubenmädchen haben gar kein Interesse an den Leuten, die hinter den Schlüssellöchern wohnen. Hotelstubenmädchen haben viel zu tun und sind angestrengt und müde und alle ein wenig resigniert, und sie sind vollauf beschäftigt mit ihren eigenen Angelegenheiten…

Selbst gekauft/ Kiwi Verlag/ Taschenbuch/ Auflage 2007/ 336 Seiten/ 12,00€

Kommentar verfassen

WordPress.com. von Anders Noren.

Nach oben ↑

%d Bloggern gefällt das: